Feedback ist ein Geschenk. Keine verbale Ohrfeige.
Ich erinnere mich noch als wäre es gestern gewesen: Als junge Frau drängte es mich hin zur Schauspielerei. Mein erster großer Workshop als Teilnehmerin mit einem internationalen Schauspiel-Lehrer startete irgendwo in Deutschland.
Die anderen Teilnehmenden hatten weitaus mehr Spiel-Erfahrung als ich. Das steigerte natürlich meine Aufregung und meine Unsicherheit. Ganz unbedingt wollte ich einen guten Eindruck machen.
Für jede/n ManagerIn ist das Wissen um die eigene Wirkung extrem wichtig. Für SchauspielerInnen ist es existentiell.
Klar: Schauspielen ist das umgesetzte Wissen um und das Spiel mit der eigenen Wirkung. Ich hatte als junger Mensch schon irgendwie eine Idee davon, oder besser: ein Bild von mir, wie ich wirke. Aber wirkliche Ahnung hatte ich keine. Bereits am zweiten Tag des Schauspiel-Workshops gab es die erste ausführliche Feedback-Runde. Was geschah? 6 von 15 Teilnehmenden spiegelten mir: ich wirke arrogant. Häufige, gleich mitgelieferte Interpretation: Sie glaubten, ich denke, ich sei etwas Besseres. Autsch! Das saß.
Ja, das Feedback traf mich hart. Und war gleichzeitig wertvoll.
Auch wenn es in mir drin rauf und runter ging: Ich wollte und musste es ja wissen. Plötzlich verstand ich, warum manche Menschen überraschend aggressiv auf mich reagierten. Ein echter Schlüsselmoment für meine weitere Entwicklung. Nicht nur als Schauspielerin. Sondern vor allem als Mensch. Seitdem weiß ich, wie hilfreich ehrliches Feedback sein kann. Das Wissen um die eigene Wirkung ist es sowieso.
Wie können wir in unserem Verhalten besser werden, wenn niemand uns sagt, wie wir bei ihm/ihr ankommen? Und dieses Wissen ist nur zu bekommen durch – genau: ehrliches und wohlgesonnenes Feedback.
Nur mit Feedback kann ich meine Selbst- und die Fremdwahrnehmung miteinander abgleichen. Und meine ‚Blinden Flecken‘ erkennen.
Mit dem sogenannten Johari-Fenster von Joe Luft und Harry Ingham aus dem Jahr 1955 kann man den Einfluss von Feedback auf diese beiden Wahrnehmungen am besten verdeutlichen:
Meine mir unbekannten Verhaltensweisen (blinder Fleck/Blind Spot) werden mir nur durch Mitteilung durch Andere (Feedback) bekannt bzw. bewusst. Die Erkenntnis über das, was ich bisher nicht wusste, erweitert meine „Arena“. Ich lerne etwas über mich selbst, dass ich alleine nicht herausfinden kann. Mein Blinder Fleck wird kleiner, die „Arena“ wird grösser. Auch, dass ich offen bin/Rückmeldung gebe, vergrössert meine „Arena“. Ich zeige mich. Durch Feedback und Offenheit können Selbst- und Fremdwahrnehmung abgeglichen werden. Die menschliche Kommunikation wird einfacher, wenn weniger interpretiert wird. Und das einander Verstehen mehr – im schönsten Sinne des Wortes. „Genau“ werden Sie jetzt vielleicht sagen und zustimmend nicken.
Warum fragt kaum jemand aktiv und freiwillig nach Feedback?
Viele setzen Feedback fälschlicherweise mit Kritik oder Abwertung in Verbindung. Die wollen die meisten Menschen – verständlicherweise – vermeiden. Aber genau wie in meinem persönlichen Beispiel geht es darum, das Feedback überhaupt erst einmal annehmen zu können. Um es dann zu verstehen. Und das geht ausschließlich in einem als sicher empfundenen Rahmen. Mit dem Vertrauen, dass der andere mir nichts Böses will. Im Berufsleben kann das genauso schwer sein wie im Privatleben. Manchmal noch schwerer.
Feedback macht Angst.
Meine Erfahrung aus Teamtrainings und Coachings: Bei vielen Menschen löst bereits das Wort „Feedback“ ein ‚Autsch!‘-Gefühl aus. Ein Vermeidungsverhalten wird in so manchem Büro wahrgenommen. Möglichkeiten für eine konkrete Rückmeldung, d.h. ein konstruktiv gegebenes Feedback bleiben ungenutzt.
Echte Feedback-Gespräche, in denen einer dem anderen in die Augen schaut und sagt, was ihm persönlich am konkreten Verhalten des anderen aufgefallen ist – gut oder weniger gut – sind selten. Stattdessen wird psychologisiert, interpretiert, in WIR-Form statt in ICH-Form gesprochen und gutgemeinte Ratschläge erteilt. Das geht dann nach hinten los. Weil wir es nicht lernen und üben – miteinander. Nicht in der Familie, nicht in der Schule, nicht in der Uni und erst recht nicht im Job.
Als Coach höre ich das von fast allen meinen Klienten. „Wir können es nicht. Wir machen es einfach irgendwie. Aber selten. Und nicht regelmäßig.“ Und das geht dann schief. Wohl deshalb gibt es häufiger Multiple-Choice-online-Befragungen oder Feedback-paper, an denen sich beide Seiten festhalten können, weil niemand etwas falsch machen will. Oder aber das Entwicklungs-/Mitarbeiter-/Quartalsgespräch wird einfach verschoben, weil es Wichtigeres gibt. Feedback – lieber nicht.
Warum ist das so?
Die Erfahrung hat sich eventuell bereits in der Kindheit manifestiert: ‚Feedback‘ von unseren Eltern war vielleicht eher eine negative Rückmeldung. Z.B. „Du hast nur die Note 2? Warum hast Du keine 1?“ .
Sprich, der Fokus lag eher darauf, was nicht gut gelaufen ist. Damit verbunden war sicher der Wunsch oder die Erwartung, unser Verhalten zu korrigieren. So weit so gut. Aber je nachdem, wie dies geäußert wurde, haben wir es vielleicht als kränkend empfunden. Ein negatives Gefühl zum Feedback hat sich verfestigt, im Unterbewusstsein. Der Ausdruck dessen ist Vermeidungsverhalten. Ähnlich ging es in der Schulzeit weiter: Wir wurden von den Lehrern bewertet: Ungefragt, jederzeit, vor allen anderen. Für manch‘ ehemaligen Beschulten auch als Erwachsener noch in unangenehmer Erinnerung.
Feedback war oft frei von jeder motivierenden Wirkung.
Leider geschieht das auch heute noch im Berufsleben. Es wird ungefragt aufgedrückt, schnell zwischen Tür und Angel. Es löst reflexartig und nachvollziehbar Abwehr aus. Hilflosigkeit bleibt. Und Frust. Feedback, falsch angewendet, demotiviert und richtet mehr Schaden als Nutzen an.
Der Grundgedanke von Feedback ist positiv.
Der Grundgedanke von Feedback ist jedoch positiv zu verstehen, wenn wir einen Blick auf die Wortherkunft und -bedeutung werfen:
Laut dem Wahrig Herkunftswörterbuch bedeutet Feedback soviel wie Rückkopplung, Rückmeldung, zurückkehrende Reaktion. Es stammt aus dem Englischen und setzt sich zusammen aus to feed „zuführen“, eigtl. „mit Nahrung versorgen, füttern“ und idg. back „zurück“.
Ich nähre also mein Gegenüber, stärke ihn. Feedback soll demnach vor allem dazu dienen, aneinander zu wachsen. Damit dies gelingt, müssen wir dem Anderen (und uns selbst) die Angst davor nehmen.
3 realistische Ziele von Feedback
- Ziel ist: Mein Gegenüber versteht (!) das Feedback. Sie meinen, das sei ja nicht so schwer? Fragen Sie freundlich nach. Nur weil Sie die selbe Muttersprache sprechen, heisst das nicht, dass Sie sich gegenseitig verstehen.
- Ziel ist: Mein Gegenüber kann das Gesagte ohne Angst und Abwehr annehmen, weil der Rahmen von Wertschätzung gegeben ist: die richtige Zeit, ruhiger Ort, wahrnehmbare positive Haltung des Gebenden zum Nehmenden.
- Ziel sollte (noch) nicht sein: Der Andere muss sich ändern, sofort alles einsehen, sich entschuldigen, versprechen, dass das kritisierte Verhalten bestimmt nie wieder passiert.
Peinlich: Wie kann ich ‚heikles‘ Feedback geben?
Manche Themen sind einfacher zu kommunizieren als andere. Ein Beispiel, welches so häufig im Coaching angesprochen wird, dass ich es hier anbringe: Eine/r der KollegInnen riecht unangenehm.
Sagen Sie es oder schweigen Sie besser? Ist das ein Eingriff in die Privatsphäre? Für viele stellt sich die Frage: Darf ich das ansprechen?
Was ist persönlich, was ist privat?
Persönlich? Privat? Einigen Menschen fällt es schwer, im beruflichen Kontext zwischen diesen beiden Begrifflichkeiten den Unterschied zu machen. Wenn mich persönlich etwas in meinem Arbeitsumfeld stört, ich es auch auf Dauer nicht hinnehmen können werde, wenn es mich einschränkt in meiner Konzentration, dann ist das nichts Privates. Stattdessen geht es um mich als Person und Arbeitskraft. Ich sollte ich die Verantwortung für mich übernehmen: Ich sollte es ansprechen.
Mit Respekt. Kurz und konkret. Und mit Vorbereitung!
Ich bin überzeugt davon, dass wir im Job persönlich sein sollten. Im Sinne von: Ich zeige mich. Ich bin kein Geheimnis. Es ist wichtig, was wir wahrnehmen. Eine abwehrende Haltung wird unterbewusst wahrgenommen. Es ist wichtig, die Verantwortung zu übernehmen, für das, was wir wahrnehmen, und für das, was wir sagen. Wie sollte sich sonst etwas ändern?
Wie kann ich in so einer Situation vorgehen?
4 wertvolle Tipps, bevor Sie Feedback geben:
- Überprüfen Sie zuerst Ihre eigene innere Haltung: Nervt Sie der Mensch als Person und riecht zudem schlecht? Oder riecht er, aber ansonsten sehen Sie ihn sehr positiv. Es macht einen Unterschied, ob jemand schlechten Körpergeruch hat oder Sie ihn nicht riechen können.
- Fragen Sie sich: Kann ich wirklich nicht damit leben? Begegnet mir dieser Zustand jeden Tag oder ändert sich die Situation eventuell, sodass es in 2 Wochen gar kein Thema mehr sein wird?
- Der richtige Zeitpunkt: Wann ist es am besten für Sie, das Feedback zu geben? Wann für den Anderen? Sie müssen sich beide wohlfühlen! Kurz vor einer Präsentation, zwischen Tür und Angel oder am Freitag Spätnachmittag sind vielleicht nicht der beste Moment. Der Feedback-Nehmer braucht Zeit, um das Gesagte zu verarbeiten, annehmen zu können und eventuell Nachfragen zu stellen, ohne dass sein/ihr ganzes Wochenende im Eimer ist.
- Fragen Sie, ob ein Feedback erwünscht ist: Am besten, ohne das Wort zu verwenden. Sie erinnern sich an das oben genannte ‚Autsch!‘-Gefühl. Bieten Sie eine Rückmeldung zu einer konkreten Situation an. z.b.: „Ich möchte Dir gerne etwas zu dem Meeting vorhin sagen. Hast Du eine Minute für mich?“ Ein „Nein, im Moment nicht.“, muss erlaubt sein. Erinnern Sie sich. Das Ziel ist: Der Feedback-Nehmer muss es annehmen können. Es geht nicht darum, dass Sie Ihre Kritik endlich einmal losgeworden sind. Oder noch schlimmer „Das wird man ja wohl mal sagen dürfen“.
Ich kenne Führungskräfte, die statt Feedback das Wort „Geschenk“ nutzen. „Etwas abgedroschen…“, sagen Sie jetzt vielleicht, aber das Bild passt meiner Meinung nach sehr gut.
Der Feedback-Gebende macht sich die Mühe und nimmt sich die Zeit, eine konstruktive konkrete Rückmeldung zu geben. Er verpackt es ansprechend, denn der Feedback-Nehmende soll es annehmen können. Dann wählt er den Zeitpunkt der Übergabe…
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Sie werfen ja auch niemandem ein Geschenk im Vorübergehen an den Kopf, oder? Wie wäre es, wenn Sie sagen könnten:
Feedback kann auch nach vorne losgehen.
Unser Gegenüber muss spüren, dass ich ihm/ihr gegenüber wohlwollend eingestellt bin. Wenn das Vertrauen nicht da ist, gilt es noch mal in die Selbstreflektion zu gehen. Das gilt sowohl im Berufs- als auch im Privatleben. Wie sagen Sie Ihrem Lebens-Partner, Ihren Kindern oder Freunden, wenn Ihnen etwas auffällt, dass Ihnen gefällt oder auch nicht?
„Ja, aber…“
Zugegeben, Feedback geben ist nicht immer einfach. Deshalb versuchen Unternehmen heutzutage gerne diese ungeliebte Aufgabe weiterzureichen.
„Können Sie als Coach ihm nicht das Feedback X/Y geben?“ werde ich manchmal gefragt. Eine klare Antwort: „Nein!“ Ich kann als Coach nur Dinge ansprechen, die mir persönlich auch auffallen. Als Coach darf ich eben gerade nicht der verlängerte Arm des Vorgesetzten oder der Personalabteilung sein.
„Danke für Ihr Feedback.“
Wie schön wäre eine Team-Kultur, in der es Alltag ist zu sagen, was konkret gut und auch nicht so gut gelaufen ist: Im Büro-Meeting gestern, bei der Präsentation vor Kunden kurz vor Feierabend, bei der Diskussion mit dem Partner letzte Woche oder am Sonntagstisch mit der ganzen Familie. Wenn es keine große Sache wäre, weil es jeden Tag konkret gelebt wird?
Nur Mut. Probieren Sie es aus.
Wenn Feedback gelingt, ist erstaunliches Wachstum möglich und sehr wahrscheinlich. Ich kann Ihnen dabei helfen, wie Sie selbst in Zukunft auch kritisches Feedback wertschätzend und professionell geben können. Ihr Team wird davon profitieren. Genau so wie Sie selbst.
Gerne sprechen wir darüber. Nehmen Sie jetzt Kontakt auf.
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Weitere interessante Punkte und ein tieferer Einstieg zum Thema Feedback aus dem Methoden-Pool der Uni Köln
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